Blog | Software Architekturen: Überblick und Entscheidungs­hilfe

Blog | Software Architekturen: Überblick und Entscheidungs­hilfe

Von am 16.10.2025

Bevor die erste Codezeile geschrieben wird, stellt sich die Frage: Wie sollte das Projekt aufgebaut sein, damit es später nicht unübersichtlich wird? Die gewählte Architektur legt fest, wie klar der Code bleibt, wie einfach sich neue Funktionen hinzufügen lassen und wie leicht Wartung und Erweiterung gelingen – unabhängig davon, ob an einer kleinen App allein gearbeitet oder im Team ein größeres System entwickelt wird.

In diesem Artikel werden fünf gängige Architektur-Muster vorgestellt, die wichtigsten Auswahlkriterien erklärt und eine praktische Check­liste für die Entscheidung geliefert. So entsteht bereits vor dem ersten Commit eine solide Basis für eine reibungslose Entwicklung.

Klassische Schichten-Architektur

Die bekannteste Herangehensweise ist die klassische Schichten-Architektur. Dabei wird eine Anwendung in drei Teile gegliedert:

Präsentation (UI)
Hier läuft alles ab, was Nutzer sehen und anklicken.
Geschäftslogik (Domäne)
In dieser Mitte-Schicht stecken alle Regeln und Abläufe, die das System beherrscht – etwa Bestellungen verarbeiten oder Berechnungen durchführen.
Datenzugriff
Diese unterste Schicht kümmert sich um Datenbanken, Dateispeicher oder externe Dienste.

In der Praxis:

Warum so beliebtder Haken

Übersichtlichkeit:
Jede Schicht hat einen klaren Job, sodass man nicht in einem großen Code-Haufen nach Funktionen suchen muss.

Teamarbeit:
Frontend-, Logik- und Datenbank-Entwickler können parallel an ihren Schichten arbeiten.

– Skalierung:
Bei hohem Datenaufkommen lässt sich etwa nur die Geschäftslogik-Schicht auf mehr Servern verteilen.
Mehraufwand:
Die Schichten sprechen untereinander – das kostet ein paar Millisekunden extra und etwas Komplexität.

– Overkill für Kleinprojekte:
Wenn die Anwendung nur ein paar Seiten hat, ist der strikte Schichtenbau oft unnötig.

– Festgefahrene Abhängigkeiten:
Wer später eine Schicht ändert, kann schnell viele andere Ebenen mitnehmen.

Einsatzszenario:

Die klassische Drei-Schichten-Architektur eignet sich besonders für kleine bis mittelgroße Anwendungen und Solo- oder Kleinteam­projekte, weil sie schnell aufgesetzt ist und eine klare Trennung von UI, Logik und Datenzugriff bietet. Hält sich die Domäne jedoch in Grenzen, lässt sich damit langfristig gut arbeiten. Wachsen jedoch Funktionsumfang, Geschäftsprozesse oder Teamgröße, sollte man rechtzeitig über Modularisierung, DDD oder Microservices nachdenken, um die Wartbarkeit nicht zu gefährden.

Frontend-Pattern: MVC und MVVM

In Frontend-Anwendungen treffen Darstellung, Logik und Nutzereingaben direkt aufeinander – ohne klare Struktur wird der Code schnell unübersichtlich. MVC und MVVM sind zwei bewährte Muster, die helfen, diese Bereiche zu trennen und Benutzeroberflächen wartbarer und übersichtlicher zu gestalten.

Model-View-Controller (MVC):

  • Model: Alle Daten und Geschäftslogik.
  • View: Das, was man sieht und anklickt.
  • Controller: Die Brücke dazwischen – nimmt Eingaben der View entgegen und aktualisiert Model oder View.MVC trennt klar, wer was tut, und macht es leicht, einzelne Teile auszutauschen.

Model-View-ViewModel (MVVM):

  • Ähnlich wie MVC, ergänzt aber das ViewModel, das View und Model synchron hält.
  • Änderungen am Model „binden“ sich automatisch in die View ein und umgekehrt.MVVM ist besonders beliebt in modernen UI-Frameworks (z. B. SwiftUI, Jetpack Compose), weil es mit Datenbindung und Deklarativität perfekt harmoniert.

Einsatzszenario:

  • MVC eignet sich für einfache Web-Apps oder klassische Desktop-Anwendungen.
  • MVVM glänzt, wenn Frameworks Datenbindung anbieten und man den UI-Code sauber von Logik fernhalten will.

Monolith vs. Microservices

Wenn die Anwendung wächst, stellt sich die Frage, ob man alle Funktionen in einem großen Block (Monolith) lässt oder in kleine, eigenständige Dienste (Microservices) aufteilt.

MonolithMicroservices
Alles steckt in einer Code-Basis, ein Deploy, eine Datenbank.

Vorteil:
Einfacher Einstieg, weniger Infrastruktur-Overhead.

Nachteil:
Je größer, desto unübersichtlicher und schwerfälliger bei Updates.
Jede Funktion läuft als eigenständiger Dienst mit eigener Datenhaltung.

Vorteil:
Einzelne Dienste lassen sich unabhängig entwickeln, skalieren und deployen.

Nachteil:
Erfordert mehr Betriebskomplexität (Service-Registrierung, API-Gateways, Monitoring).

Einsatzszenario:

Für kleine Teams und einfache Projekte bleibt der Monolith oft die pragmatischere Wahl. Bei hoher Komplexität, vielen Teams oder strengen Skalierungsanforderungen lohnt sich der Umstieg auf Microservices.

Domain-Driven Design (DDD)

Domain-Driven Design ist ein Ansatz, bei dem der Fokus auf dem fachlichen Kern einer Anwendung liegt, also auf dem, was das System inhaltlich wirklich tut. Statt sich zuerst mit Frameworks oder Datenbanken zu beschäftigen, geht es darum, die Abläufe und Begriffe einer bestimmten Domäne, zum Beispiel im Ressourcenmanagement, in der Buchhaltung oder im E-Commerce genau zu verstehen und diese im Code richtig abzubilden. Um diese Idee in der Praxis umzusetzen, nutzt DDD verschiedene Konzepte, die helfen, komplexe Systeme verständlich zu strukturieren und die Zusammenarbeit zwischen Fachexperten und Entwickelnden zu verbessern. Besonders wichtig sind dabei Ubiquitous Language, Bounded Contexts und der Unterschied zwischen Entities und Value Objects.

Ubiquitous Language bedeutet, dass Entwickelnde und Fachexperten eine gemeinsame Sprache verwenden. Fachbegriffe wie „Buchung“, „Ressource“ oder „Projekt“ tauchen dabei direkt im Code auf, zum Beispiel als Klassen oder Methoden. Das sorgt dafür, dass alle dasselbe Verständnis haben und sich leichter austauschen können.

Bounded Contexts helfen dabei, eine große und komplexe Domäne in klar abgegrenzte Bereiche zu unterteilen. Jeder Bereich hat sein eigenes Modell und eigene Regeln. So bleibt der Code übersichtlich, und Änderungen in einem Teil der Anwendung führen nicht automatisch zu Problemen in einem anderen.

Bei Entities handelt es sich um Objekte mit einer eindeutigen Identität, wie zum Beispiel ein Kunde, der sich im Laufe der Zeit verändern kann. Value Objects dagegen, wie ein Geldbetrag, sind unveränderlich und werden nur durch ihre Werteigenschaften beschrieben.

Einsatzszenario:

Wenn die Domäne komplex ist und viele Experten involviert sind, sorgt DDD dafür, dass alle dasselbe Vokabular nutzen, im Code und in Meetings. Das reduziert Missverständnisse und verbessert die Wartbarkeit.

Event-Driven Architektur & CQRS

Bei modernen Anwendungen, die in Echtzeit reagieren oder viele Prozesse gleichzeitig verarbeiten müssen, stoßen klassische, linear aufgebaute Systeme schnell an ihre Grenzen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, haben sich neue Architekturansätze wie die Event-Driven Architecture und Command Query Responsibility Segregation etabliert.

Event-Driven Architecture (EDA):

Statt dass Komponenten direkt miteinander kommunizieren, reagieren sie auf Ereignisse, sogenannte Events. Wenn beispielsweise eine Bestellung aufgegeben wird, löst dieses Ereignis weitere Aktionen aus, wie den Versand einer Bestellbestätigung oder das Aktualisieren des Lagerbestands. Das System bleibt dadurch flexibel, entkoppelt und kann leicht erweitert oder skaliert werden.

Command Query Responsibility Segregation (CQRS):

CQRS trennt Lese- und Schreibvorgänge klar voneinander: Commands verändern den Zustand eines Systems (zum Beispiel „Erstelle Rechnung“), während Queries nur Daten abfragen (etwa „Hole Rechnungsübersicht“). Durch diese Trennung lassen sich beide Bereiche gezielt optimieren. In Verbindung mit Event Sourcing, bei dem jede Zustandsänderung als Ereignis gespeichert wird, können Abläufe besser nachvollzogen und Systeme insgesamt stabiler und fehlertoleranter gestaltet werden, besonders bei komplexen oder verteilten Anwendungen.

Einsatzszenario:

IoT-Netzwerke, Echtzeitanalysen, große Webplattformen oder Finanz­transaktionen, bei denen Latenzen niedrig und Nachvollziehbarkeit hoch sein müssen.

Fazit

In meinem Semesterprojekt habe ich eine Webapp nach dem klassischen Drei-Schichten-Prinzip aufgebaut – Benutzeroberfläche, Geschäftslogik und Datenzugriff. Als alleiniger Entwickler konnte ich so in kurzer Zeit neue Features hinzufügen, ohne dass das System unübersichtlich wurde.

In meiner aktuellen Arbeit an einer umfangreichen Ressourcenmanagement-Plattform mit über zehn Entwicklerinnen und Entwicklern reicht dieses einfache Grundgerüst allerdings nicht mehr aus. Deshalb sind wir auf Domain-Driven Design umgestiegen und nutzen im Code jetzt echte Fachbegriffe wie „Ressource“, „Room“ oder „Desk“. Diese Umstellung hat nicht nur die Einarbeitung neuer Teammitglieder erleichtert, sondern auch die Abstimmung mit den Fachabteilungen deutlich beschleunigt.

Im Laufe verschiedener Projekte ist mir immer wieder aufgefallen, wie schnell selbst kleine Änderungen an der Architektur später großen Aufwand nach sich ziehen können. Wer sich bereits zu Beginn Gedanken über mögliche Wachstums- und Team­szenarien macht, schafft eine solide Grundlage für spätere Erweiterungen. Mir wurde dabei deutlich, dass sich ein wenig zusätzliche Planung im Vorfeld vielfach auszahlt, sei es durch eine bewusste Strukturierung in Schichten, eine klare Trennung fachlicher Kontexte oder den Einsatz von Entkopplungs­mechanismen. Dieses Vorgehen sorgt nicht nur für verständlicheren Code, sondern erleichtert auch das Hinzukommen neuer Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter. Letztlich zahlt sich jeder Moment, den man in die Architektur­entscheidung investiert, in Form von Zeitersparnis und weniger technischen Stolpersteinen aus.

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